Blickpunkt Im Gespräch mit DCW-Botschafterin Britta Heidemann „Es ist Zeit, sich gegenseitig besser kennenzulernen“ Die diplomierte Chinawissenschaftlerin rät den Wirtschaftspartnern China und Deutschland, Vertrauen aufzubauen und Beziehun- gen zu pflegen, um Vorurteile abzubauen und um Verständnis zu schaffen. Worin sehen Sie Chancen, aber auch Herausforderungen in den Wirtschafts- beziehungen zwischen China und Deutschland? Heidemann: Bei einem Land wie China lie- gen die Chancen auf der Hand. Nicht um- sonst sind die deutsch-chinesischen Wirt- schaftsbeziehungen bereits lange schon sehr eng. Die Herausforderung ist, gleiche Spielregeln für alle zu gestalten. Und für neue Player gilt weiterhin, sich intensiv auf den Markteintritt China vorzubereiten – das unterschätzen viele Unternehmen. Seit dem Ende Ihrer aktiven Karriere haben Sie noch mehr Möglichkeiten als vorher, sich für die deutsch-chinesischen Beziehungen einzusetzen. Können Sie uns ein wenig berichten? Heidemann: Seit meinem Olympiasieg in Peking 2008 war ich mit vielen Delegatio- nen im Reich der Mitte, angefangen von der Deutschen Fußballnationalmannschaft über eine Moderation für André Rieus Konzerte hin zu einer offiziellen Sonderbotschafts- rolle für die Bundesrepublik im Rahmen von Ministerreisen. Derzeit berate ich mit meiner chinesischen Schwägerin im Chin- abusiness und unterstütze die Entstehung deutsch-chinesischer Kooperationen. Seit 2016 kooperiert Mönchengladbach mit der Fünf-Millionen-Einwohner-Stadt Suqian eng in den Bereichen Wirtschaft, n n a m e d i e H a t t i r B : o t o F Sport, Bildung, Kultur und Verwaltung. Worauf sollte bei dieser Kooperation be- sonders Wert gelegt werden? Heidemann: Auf die Soft-Faktoren, den Aufbau von Vertrauen und die Beziehungs- pflege. Wenn dies gelingt, sind Sie schon ei- nen guten Schritt weiter. Traditionell eignen sich hier Sport und Kultur am besten zum Abbau von Hemmnissen und Vorbehalten. Der Borussia-Park ist erstmals Austra- gungsort des DCW-Tages. Welche Sy- nergieeffekte können sich aus solchen Netzwerkveranstaltungen für den Stand- ort MG, für NRW und die teilnehmenden Gäste ergeben? Heidemann: Netzwerken ist in jedem Be- reich wichtig. Man kann sich austauschen und informieren, was passiert, wer neue Ide- en hat und gegebenenfalls Kooperationen schließen. Der Markt China ist ein besonders weites Feld, da ist so ein Austausch noch umso wichtiger, um effizient zu arbeiten. Das Land NRW unterhält seit den 80er Jahren Partnerschaften zu den chinesi- schen Provinzen Shanxi, Jiangsu und Si- chuan. Aktuell läuft das Austauschpro- gramm „WIN NRW.JIANGSU“ für High Potentials, bei dem Digitalisierungspro- zesse im Fokus stehen. Begegnen sich die Partner beim Thema Digitalisierung auf Augenhöhe oder hat China die Nase schon zu weit vorn? Heidemann: China legt ein enormes Tem- po vor. Deutschland muss nachlegen: Der Rückstand in vielen Bereichen – zum Bei- spiel dem Netzausbau – ist eklatant und für das Land der Erfinder und Ingenieure etwas peinlich. Dennoch bekommt Deutschland für Industrie 4.0 und seine Prozessabwick- lung weiterhin große Anerkennung. Sie haben ein Buch mit dem Titel „Will- kommen im Reich der Gegensätze. Chi- na hautnah“ geschrieben. Wie machen sich diese Gegensätze innerhalb Chinas, aber auch in der Beziehung zum Westen bemerkbar? Heidemann: Es liegt in der Natur der Sa- che, dass ein Land mit der Dimension Chinas voll von Gegensätzen ist. China und seine Menschen über einen Kamm zu scheren, ist schlichtweg unmöglich. Unser geringes Wissen über Land und Leute sorgt dafür, dass viele Deutsche große Vorbehalte ha- ben, die auf den einschlägigen, über die Me- dien vermittelten Nachrichten basieren. Welchen Rat würden Sie den Wirt- schaftspartnern China und Deutschland für die Zukunft mit auf den Weg geben? Heidemann: Es ist Zeit, dass man sich end- lich gegenseitig besser kennenlernt. China wird in der globalen Wirtschaft eine immer größere Rolle spielen, und daher sehe ich es als nötig und vor allem als Vorteil an, Kultur und Hintergründe besser kennenzulernen, Vorurteile abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Das Interview wurde am 26.11.2019 geführt. Zur Person Britta Heidemann, geb. 1982 in Köln, ist Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin und eine der erfolgreichsten Degenfechte- rinnen. Die diplomierte Chinawissenschaft- lerin engagiert sich u.a. als Botschafterin der DCW und im Deutsch-Chinesischen Dialog- forum und reist regelmäßig nach China. Hei- demann hält Vorträge zu Themen wie „Erfolg ist eine Frage der Haltung“ (ihr erster Buchti- tel), berät im Chinageschäft und bietet Fecht- Incentives an. Sie engagiert sich für Kinder und Jugendliche sowie für den Sport, u.a. als gewählte Vertreterin der olympischen Athle- ten im IOC und als Botschafterin „Sport für Entwicklung“ des Bundesministeriums für Entwicklungszusammenarbeit. www.britta-heidemann.de DCW-Botschafterin Britta Heidemann. www.wfmg.de