Im Gespräch mit Peter Küsters „Wir müssen Klimawandelanpassung betreiben“ Peter Küsters ist Mitbegründer der Firma Greenpass und „Architekt grüner Städte“. Auf dem SmartCity-Summit.Niederrhein hat er zum Thema „Digitale Lösungsansätze für eine nachhaltige Klimawandelanpassung und Städteplanung“ referiert. Im Interview spricht er über Herausforderungen bei der Stadtentwicklung, das Wiener Modell und den Weg, der noch vor Gladbach liegt. Blickpunkt Städtisches Wachstum versus Klima- wandel: Worin bestehen die Herausfor- derungen für Städte, Planer und Bau- träger? In unseren Städten wirkt sich der Klima- wandel verstärkt aus. Es sind nicht die 1,5 °C, auch nicht die wahrscheinlicheren 2,5 °C, die das größte Problem für die Städte darstellen, sondern die sogenann- ten persistenten Wetterlagen. Zumeist bleiben die heißen Hochs länger stehen; es können aber auch die niederschlags- reichen Tiefs lange über einer Region ste- hen bleiben. Zusammen mit den stärker werdenden Gewittern kommt es somit immer häufiger zu Überflutungen. Auf der anderen Seite werden unsere Städte immer heißer. Schon immer wa- ren Städte wärmer als das Umland. Diese Diskrepanz wird aber enorm zunehmen und zu großen gesundheitlichen He- rausforderungen führen. Die Anzahl der tropischen Nächte, die sich nicht unter 20 °C abkühlen und unsere Gesundheit besonders belasten, wird sich in den kommenden Jahrzehnten vervielfachen; am Niederrhein sind wir davon beson- ders betroffen. Dass Grün, also Pflanzen, und Blau, da- mit meine ich die Mittel des Regenwas- sermanagements durch Rückhalt und Versickerung in unseren Städten, die ef- fektivste, kostengünstigste Möglichkeit darstellen, den oben genannten Proble- men etwas entgegenzusetzen, und da- bei auch noch schön sind, ist inzwischen fast Mainstream. Bäume sind, aus reiner Kosten-Nutzen-Betrachtung, das effek- tivste Mittel, um der Überwärmung der Städte entgegenzuwirken. Darum ist es auch wichtig, dass wir die Bäume nicht nur verstärkt pflanzen, sondern die vor- handenen Bäume in unseren Städten schützen. Versiegelte Flächen müssen entsiegelt werden. Dort, wo das nicht geht, sollte das Regenwasser nicht in den Kanal, son- dern in Vegetationsflächen eingeleitet werden. Das entlastet nicht nur unsere unterdimensionierte und teure Kanalisa- tion und verhindert hierdurch Überflu- tungen, sondern das Regenwasser wird über die Pflanzen auch wieder verduns- tet und sorgt so für eine spürbare Abküh- lung. Kosten spart es sowieso. Leider leiden inzwischen auch unsere Stadtbäume ganz besonders unter der Trockenheit der letzten Jahre. Die tie- feren Bodenschichten sind so trocken, r o d o h C n i r t a K : o t o F Peter Küsters bei seinem Impulsvortrag auf dem SmartCitySummit.Niederrrhein. dass die Winterniederschläge nicht mehr ausreichen, zumal das meiste davon in die Gullys abfließt. Auch weil wir wider besseres Wissen, um Geld zu sparen, den Bäumen zu wenig Platz, insbeson- dere Wurzelraum, gegeben haben. Aus- schließlich Bäume in der Stadt zu pflan- zen, geht allerdings auch nicht, da hier die Flächenkonkurrenz am größten ist und bei der Planung meist zu spät an Bäume gedacht wird. Einfach mal alles Grün machen, ist also nicht nur aus Kos- tengründen der falsche Weg. Auch hat jede Stadt, jedes Quartier, jedes größere Gebäude seine ganz spezifischen Heraus- forderungen. Man könnte auch Krank- heitsbild sagen. Ihrer Der Hauptstandort Firma Greenpass ist in Wien. Seit mehr als zehn Jahren gilt Wien als eine der grünsten und lebenswertesten Städte der Welt. Was macht Wien zu einer der weltweit führenden Städte in Be- zug auf klimaresistente Stadtentwick- lung? In Wien hat man schon viel früher den Mut zu unkonventionellen Lösungen gehabt. Dort werden gute Ideen viel schneller ausprobiert, kommen zur Marktreife und werden zum anerkann- ten Stand der Technik – oder in unserem speziellen Fall zu einer Bauordnung, dem Wiener Modell. Bei jedem größeren Bau- vorhaben in der Stadt muss nachgewie- sen werden, dass sie eine Verbesserung des Mikroklimas ergibt. Dieser proaktive Umgang mit Innovationen macht Wien nicht nur schöner und lebenswerter, son- dern schafft auch viele Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen. Wie schätzen Sie Mönchengladbach auf dem Weg zu einer grünen Stadt ein? Mönchengladbach ist im Handeln, in der Umsetzung noch weit hinter dem dringend Erforderlichen zurück – nicht unbedingt hinter anderen Städten, da sieht es meist nicht viel besser aus –, auch wenn es in Mönchengladbach in ein paar Jahren das absolute Vorzeigequartier Seestadt MG+ geben wird. Ich hoffe, dass es auch bei weiteren Baumaßnahmen, wie beispielsweise den Maria-Hilf-Terras- sen, angewandt wird. Der Einsatz des Wiener Modells würde das verbindlich machen. Es reicht einfach nicht, wenn neue Gebäude und Quartiere in der Stadt klimaresilient gebaut werden. Wir müssen auch an den Bestand ran. Da muss die Stadt selbst Vorbild sein. Das ganze Interview können Sie auf un- serem Blog nachlesen: www.wfmg.de 7