Mönchengladbach hat sich in vielen Bereichen positiv entwickelt. So ist zum Beispiel die Beschäftigtenzahl überdurchschnittlich gewachsen. Gleichzeitig schneidet die Stadt bei den Standortfaktoren „kommunale Kosten“, „Breitbandinfrastruktur“ und „innerstädtische Verkehrsverhältnisse“ weniger gut ab. Das sind wesentliche Ergebnisse einer Standortanalyse für Mönchengladbach, die von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein vorgestellt wurde. Die Analyse basiert auf einer Studie des Regionalökonomen Prof. Dr. Rüdiger Hamm von der Hochschule Niederrhein sowie einer Umfrage der IHK unter 200 Mönchengladbacher Betrieben mit insgesamt rund 6.000 Beschäftigten. Die befragten Unternehmen bewerteten mehr als 50 Standortfaktoren hinsichtlich ihrer Qualität vor Ort und ihrer Bedeutung. „Insgesamt geben die Unternehmen ihrer Stadt die Note ,Drei plus‘ “, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Sie sehen also durchaus noch Verbesserungspotenzial.“
Zum Auftakt stellte Hamm einige wesentliche Fakten zur Wirtschaftsstruktur und ökonomischen Entwicklung der Stadt in den vergangenen Jahren vor. „In der Vergangenheit war Mönchengladbach vor allem von der Textilindustrie geprägt, heute spielt der Dienstleistungssektor die größte wirtschaftliche Rolle in der Stadt“, erläuterte Hamm. „Insbesondere in den distributiven Diensten wie Handel und Logistik ist die Stadt im Vergleich zu anderen Standorten in Nordrhein-Westfalen überdurchschnittlich stark.“ Dem Handel und der Logistik sei es auch im Wesentlichen zu verdanken, dass die Beschäftigtenzahl in Mönchengladbach im Vergleich zum Landesschnitt seit dem Jahr 2008 überdurchschnittlich stark gewachsen ist. Die produzierenden Branchen haben dagegen einen überdurchschnittlichen Beschäftigungsrückgang erleben müssen. „Allerdings ist die Beschäftigung in der Industrie seit dem Jahr 2011 konstant geblieben“, betonte Hamm. „Dies ist eine positive Nachricht.“
Anschließend präsentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz die Umfrageergebnisse. Im Schnitt geben die Unternehmer der Standortqualität insgesamt die Schulnote „Drei plus“. 57 Prozent der Betriebe bewerten den Standort mit der Note „Eins“ oder „Zwei“. Eine „Drei“ oder „Vier“ vergeben 42 Prozent der Unternehmen. Nur für gut ein Prozent der Gewerbetreibenden sind die Bedingungen in der Region mangelhaft oder ungenügend. Die Ergebnisse für die Gesamtregion Mittlerer Niederrhein sind nur minimal besser.
„Dass die Unternehmen insgesamt zufrieden mit dem Standort sind, liegt vor allem an der guten Erreichbarkeit Mönchengladbachs“, erläuterte Steinmetz. Allerdings werden die innerstädtischen Verkehrsverhältnisse – inklusive des Straßenzustands – von den Mönchengladbacher Betrieben stärker kritisiert als von den Unternehmen in der Gesamtregion Mittlerer Niederrhein im Schnitt.
„Auch die Standortkosten werden deutlich schlechter bewertet als im Jahr 2012 – das ist ein Hinweis, dass Handlungsbedarf besteht“, sagte Steinmetz. „Der Gewerbe- und der Grundsteuerhebesatz wurden im Zuge des Stärkungspaktprozesses stark angehoben.“ Dies habe der Standortqualität geschadet. Sollte bis zum Auslaufen des Stärkungspakts noch einmal der Haushaltssanierungsplan nachjustiert werden müssen, dürfe die Stadt nicht wieder an der Steuerschraube drehen, mahnte der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Kritisch betrachten die Mönchengladbacher Unternehmer auch die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Für 44 Prozent der Betriebe in der Stadt ist die Qualität dieses Standortfaktors „weniger befriedigend“ oder „schlecht“. Zudem stellt die IHK fest, dass sich die Bewertung seit der vergangenen Befragung im Jahr 2012 deutlich verschlechtert hat. „Für die meisten Unternehmen ist eine gute Breitbandversorgung für die reibungslose Abwicklung ihrer Geschäfte von grundlegender Bedeutung“, so Steinmetz. „Die Stadt sollte sich mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass flächendeckend eine leistungsfähige Internetanbindung angeboten wird.“
In der anschließenden Diskussion mit Steinmetz, Maximilian Reisch von der nobocom GmbH und den IHK-Vizepräsidenten Dr.-Ing. Claus Schwenzer (Effertz Tore GmbH) und Hartmut Wnuck (Stadtsparkasse Mönchengladbach) erinnerte Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners daran, dass die Stadt einen „enormen Strukturwandel“ hinter sich hat. „Das haben wir ohne Subventionen ganz gut hinbekommen“, betonte er.
Dennoch wünschen sich die Unternehmen, dass es bei einigen Projekten zügiger vorangeht: Reisch erklärte, dass man die Chance, das „große Werk“ Masterplan konsequent weiter zu verfolgen, nicht verpassen dürfe. „Seit fünf Jahren beschäftigen wir uns auch im Rahmen des Masterplans mit dem Thema Hochschulentwicklung, seit Jahren wissen wir, dass das Polizeipräsidium umzieht. Wir müssen ein Konzept erarbeiten, das auf die Hochschule ausgerichtet ist, und dabei vor allem auch über Inhalt und Qualität reden“, sagte Wnuck, der sich gut vorstellen kann, dass die Hochschule auch neue thematische Felder besetzt. „Aber im Wettbewerb der Regionen sind wir zu langsam.“
Auch beim Thema Innenstadt sehen die Unternehmen Handlungsbedarf. „Vor allem mit dem Minto haben wir ein Highlight“, sagte Schwenzer. „Aber von dort aus muss man nicht weit laufen, um Einöde und Leere zu sehen.“ Die Entwicklung der Rheydter Innenstadt bereite ihm noch größere Sorgen. Der Oberbürgermeister verwies darauf, dass in Rheydt in den vergangenen Jahren einige städtebauliche Projekte umgesetzt worden seien. Gleichzeitig räumte er ein: „Den Hochschulbereich müssen wir noch intensiver angehen.“
Ein Unternehmer aus dem Publikum kritisierte die Arbeit des Bauordnungsamtes. So würde die Bearbeitung von Bauvoranfragen mehr als ein Jahr dauern. „Wenn so etwas passiert, sollten Sie es konkret ansprechen“, so Reiners. Seine Erfahrung lehre ihn, dass es meist eine Erklärung für solche Verzögerungen gebe.
„Es gibt an einigen Stellen Optimierungsbedarf“, erklärte Steinmetz zum Schluss der Veranstaltung. „Ich würde mir wünschen, dass wir daran gemeinsam arbeiten.“
Die Standortanalyse steht im Internet als Download-Datei zur Verfügung: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/18036