Julia Erkelenz (27) und Céline-Marie Schaible (28) sind die neuen Geschäftsführerinnen des Theaters im Gründungshaus (TiG) in Eicken. Im Prinzip eine Art Neugründung innerhalb vorhandener Strukturen, denn der bisher für das Objekt verantwortliche Sinan Heesen bleibt Partner und stark involviert. Die mittelfristige Vision der beiden jungen Frauen: eine Kombination aus Kleinkunstbühne und inklusivem Café mit Tages- und Abendgastronomie.
Wie kam es zu der Entscheidung, das TiG zu übernehmen?
Julia Erkelenz Wir hatten schon länger nach einer geeigneten Fläche gesucht, um unseren Traum von einem inklusiven Café zu verwirklichen. Dafür haben wir viele Gespräche mit vielen engagierten Partnern geführt, viele Objekte besichtigt, aber nirgends passte es so richtig. Und plötzlich, einige Monate später, stehen wir nun im TiG, einer Kleinkunstbühne mit 300 Plätzen, und alles wird sechs bis sieben Nummern größer als gedacht – das fühlt sich noch einigermaßen abstrakt an (lacht).
Wie kam es letztlich dazu?
Céline-Marie Schaible Michel Hontoy von der WFMG hatte die Idee, uns mit Sinan Heesen zu vernetzen. Und dann waren wir sehr schnell vom TiG begeistert: Hier haben wir tatsächlich die Möglichkeit, all unsere Vorstellungen umzusetzen. Und sogar noch ein wenig mehr.
Sinan Heesen Ich stand selber zum selben Zeitpunkt vor der Entscheidung, entweder einen neuen angestellten Betriebsleiter mit reinzunehmen oder aber das Objekt abzugeben, damit es von einem Inhaber geführt werden kann. Letzteres ist jetzt der Fall. Ich bleibe aber als Gesellschafter in der Betriebsgesellschaft mit an Bord – und miete mich ab sofort mit meinen Veranstaltungen sozusagen jeweils ein.
Julia Erkelenz Wir haben Sinan also quasi noch als alten Hasen an unserer Seite, das ist eine ganz komfortable Situation, um in die neue Rolle hineinwachsen zu können. Zumal das Programm mit all den bekannten Frequenzbringern für die Saison schon steht.
Wie soll soll das TiG unter neuer Führung denn künftig aufgestellt sein?
Julia Erkelenz Wir stellen uns eine Mischung aus drei Elementen vor: einerseits das kommerzielle Programm mit großen, überregional bekannten Namen, für die sich auch weiterhin Sinan Heesen verantwortlich zeichnet. Der zweite Baustein soll sein, dass wir künftig lokalen, unbekannteren Künstlern eine Bühne geben – da wird der Umsatz dann weniger oder gar nicht über Ticketverkäufe gemacht, sondern über Speisen und Getränke. Und der dritte wird die Tages- und Abendgastronomie, mit inklusiven Elementen.
Sinan Heesen Bisher haben wir hier komplett vom Ticketabsatz gelebt. In dem Moment, wo ich mehr mit lokalen Künstlern arbeite, kann und muss ich als Inhaber ganz andere gastronomische Erlebnisse einführen. Das ist Chance und Herausforderung zugleich.
Wie genau soll das aussehen?
Céline-Marie Schaible Uns schwebt vegetarische bzw. vegane Küche vor. Also tagsüber in die Richtung Kaffee und Kuchen, abends dann warme Küche. Aber auch das Getränkeangebot soll individueller werden, etwa in Richtung Cocktails. Wir planen, ab Frühjahr 2024 den Cafébetrieb zu starten und dann, sobald das Wetter es zulässt, auch mit der Außengastronomie. Die gab es früher hier bereits einmal, die Voraussetzungen dafür sind gegeben; die entsprechenden Gespräche mit den Behörden liegen in den letzten Zügen. Wir wollen das aber organisch wachsen lassen und nach und nach weitere Elemente unserer Planungen mit hinzunehmen.
Wird das TiG dann weiter TiG heißen? Das T steht ja für Theater, und damit assoziiert man Abendveranstaltungen und selektive Öffnungszeiten. Ein Café ist ja ein ganz anderer Ansatz.
Céline-Marie Schaible (lacht) Das stimmt. Es wird einen Namenszusatz geben, um diese Diskrepanz aufzulösen, das werden wir aber erst zu gegebener Zeit kommunizieren.
Und der inklusive Aspekt?
Julia Erkelenz Wir sind ja beide vom Fach. Vom Studium her, ich habe zuletzt zum Beispiel auch bei Hephata gearbeitet. Wir wissen daher, dass im Bereich der Inklusion ein unglaubliches Potenzial für den Arbeitsmarkt steckt, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, nicht zuletzt in der Gastronomie. Wir wollen und werden aber nicht plakativ als „das inklusive Café“ auftreten. Wir wollen hier einen Begegnungsraum für alle Menschen schaffen, in dem sich alle wohlfühlen, unabhängig von ihrem jeweiligen Hintergrund und ihren individuellen Voraussetzungen.
Sinan Heesen Bis es so weit ist, wird meine Gesellschaft noch die Gastronomie betreiben. Generell ist es aber natürlich hilfreich für die Planungen von Céline und Julia, dass das TiG komplett barrierefrei ist.
Céline-Marie Schaible Das stimmt, und das ist ein Aspekt, der viele andere Locations für uns sofort ausgeschlossen hat.
Welche Kontakte waren auf eurem bisherigen Weg hilfreich?
Julia Erkelenz Neben Sinan und der WFMG, die den entscheidenden Kontakt vermittelte, geht ein großes Dankeschön an das Team von HNX der Hochschule Niederrhein sowie an nextMG, worüber wir unter anderem Ute Schmeiser kennenlernen durften, die uns auf unserem Weg und Entwicklungsprozess berät und begleitet.
Wie seht ihr den Standort Eicken?
Céline-Marie Schaible Wir mögen Eicken total. Es ist nach wie vor ein Hotspot für Kreative, und wir freuen uns darauf, ihnen vielleicht ein neues Zuhause zu geben. Mit dem Neubaugebiet um die Ecke, einigen Neueröffnungen im Umfeld sehen wir ein großes Potenzial, dass Eicken wieder richtig aufblühen kann.
Sinan Heesen Das TiG war bisher quasi ein wenig im Schönheitsschlaf: gut gefüllt, und auch mit überregionaler Strahlkraft, wenn Künstler auftreten, aber ansonsten eben geschlossen. Wir sind guter Dinge, mit der neuen Konstellation noch deutlich mehr Belebung ins Viertel bringen zu können.
Wann geht es denn los für euch?
Julia Erkelenz Direkt am Montag, 4. September, mit einer Großveranstaltung: Comedian Maxi Gstettenbauer. Wir starten also mit prall gefüllter Hütte. Es gibt nur noch ein paar Restkarten, aber vielleicht gehen die ja auch noch weg?
Interview: Jan Schnettler, Michel Hontoy